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"Nollywood"

Digitales Kino in Westafrika und die Kontrolle des afrikanischen Arthouse-Kinos durch europäische Fördergelder

Sonntag, 1.10.2006, 20.00 – 22.00
Künstlerhaus, Festivalzentrum Steirischer Herbst
Vortrag von Julien Enoka-Ayemba
Mit einer Einführung von Jochen Becker und Filmbeispielen von Sembene Ousmane bis “Nollywood”.

Die erste Hälfte der 1990er Jahre gilt als eine der glorreichen in der gerade fünfzig Jahren währenden Geschichte des afrikanischen Films. Bis 1997 gewannen Filmproduktionen aus Afrika fast jährlich zahlreiche Preise in den besten Kategorien in Cannes. Paradoxerweise sind es zugleich die Jahre, in denen die Zahl der Filmproduktion dramatisch abstürzte und das Kino aus Afrika bis Anfang 2000 in die Krise versetze. Der Grund dabei waren durchgeführte “Anpassungsmaßnahmen“ durch die europäischen Institutionen als traditionelle Geldgeber des afrikanischen Films.

Etwa zur gleichen Zeit begann der Aufstieg der nigerianischen Videofilmindustrie der bisher heute andauert. So wurden in dem bevölkerungsreichen Land Afrikas jährlich etwa 1000 Videofilme produziert. Im Gegensatz zu den besonders in Europa bekannteren Arthouse-Filmen, deren Produktion bis auf wenige Ausnahmen von europäischen Filmfonds abhängig sind, werden die “Nollywood”-Filme im digitalen Videoformat mit privaten und lokalen Mitteln finanziert. Zudem wird “Nollywood” pragmatisch, populär und mit handelsüblichen Heimgeräten produziert.

Hier treffen sich zwei unterschiedliche Konzepte der Produktion von Bildern aus Afrika durch afrikanische Filemacher. Die Unabhängigkeit des afrikanischen Kinos vor allem aus Westafrika gegenüber Institutionen der ehemaligen Kolonialmächte, was bisher nur als Wunsch geäußert wurde, scheint durch das Modell “Nollywood“ denkbarer denn je. Das würde auch das Ende eines bislang akzeptiereten Paragdigma des afrikanischen Films bedeuten.